|
| |
Grundsatzprogramm NABU - Für Mensch und Natur - Die ökologischen Schlüsselprobleme können gelöst werden
Der NABU setzt sich für ein neues, vertieftes Verhältnis der Menschen zur Natur ein. Der Natur müssen auch
in industrialisierten Ländern Räume für eine vom Menschen unbeeinflusste Entwicklung überlassen werden. In
einem modernen Naturverständnis wird die Natur auch um ihrer selbst willen erhalten.
1. Globale Verantwortung für die biologische Vielfalt in Deutschland
Der Verlust an biologischer Vielfalt, d.h. von Lebensräumen und ihrer Arten, ist keinesfalls nur ein regionales
Problem. Der rasante, weltweite Verlust an Tier- und Pflanzenarten durch Zerstörung ihrer Lebensräume hat nach
Auffassung des NABU das Ausmaß einer Katastrophe angenommen. Aber auch die Vielfalt an Haustierrassen oder
Saatgut geht durch die Industrialisierung der Landwirtschaft zunehmend verloren.
Das Auslöschen von Arten wirft nicht nur ökologische Probleme im Wirkungsgefüge des Naturhaushaltes auf, es ist
sozial unverantwortlich, zukünftigen Generationen die Nutzung des "Patentamtes Natur" einzuschränken und ihnen
Naturerleben vorzuenthalten.
Der NABU setzt sich für ein neues, vertieftes Verhältnis der Menschen zur Natur ein. Der Natur müssen auch in
industrialisierten Ländern Räume für eine vom Menschen unbeeinflusste Entwicklung überlassen werden. In einem
modernen Naturverständnis wird die Natur auch um ihrer selbst willen erhalten und nicht nur unter Nutzungs-
und Selbsterhaltungsgesichtspunkten für die Menschen betrachtet.
Neben einer naturverträglichen Landnutzung wird Prozessschutz zu einem Schlüsselbegriff des Naturschutzes.
Darunter versteht man Gebiete, in die der Mensch nicht eingreift, sondern die Natur sich selbst überlässt.
Stürme, Insektenfraß, Wildverbiss, Überschwemmungen oder Lawinen gehören zur Wildnis. Der Mensch kann in diesen
Gebieten staunen, beobachten und forschen, um zu begreifen, was Natur wirklich bedeutet.
Jedes Land hat seine Verantwortung für seinen Anteil am Naturerbe. In der Bundesrepublik Deutschland kommt es
insbesondere darauf an, diejenigen Lebensräume und Arten zu sichern, für die wir auf globaler und europäische
Ebene besondere Verantwortung tragen. Dazu zählen: das Wattenmeer, die Boddenküsten der südlichen Ostsee,
natürliche und naturnahe Laubwälder mit darin eingebetteten Mooren, Fließgewässer und ihre Auen, aber auch
Kulturlandschaften mit Wiesen- und Weideökosysteme wie Streuobstbestände.
Mindestens 15 Prozent der Fläche Deutschlands sollten in den nächsten 10 Jahren als Naturvorranggebiete in Form
von großen und vernetzten Schutzgebieten ausgewiesen werden. Neben den bestehenden Nationalparken sollten in
diesem Rahmen auch Naturentwicklungsräume mit dem Vorrang für Prozessschutz ausgewiesen werden, deren Anteil
5 Prozent der Landesfläche betragen sollte.
Der NABU setzt sich das Ziel, zur Sicherung der biologischen Vielfalt in Deutschland und darüber hinaus weltweit
noch stärker aktiv zu werden. Der NABU wird seine Lobbyarbeit darauf richten, dass die Bundesrepublik Deutschland
und die Europäische Union ihre regionale und globale Verantwortung übernehmen.
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ist konsequent umzusetzen und fortzuentwickeln. Die Richtlinie besagt, dass
jeder Mitgliedstaat seinen Beitrag zum Schutz des europäischen Naturerbes leisten muss. Deshalb müssen die
Mitgliedstaaten solche Gebiete besonders schützen, in denen europaweit bedrohte Tier- und Pflanzenarten oder
schützenswerte Lebensraumtypen vorkommen. Das Entscheidende ist die Herstellung eines zusammenhängenden ökologischen
Netzes Natura 2000 in Europa, das gleichrangig zu den anderen transeuropäischen Netzen ist. Deutschland hinkt mit
der Ausweisung der europäisch bedeutsamen Naturschutzflächen weit hinterher. Die Bundesregierung und die Bundesländer
müssen das Netz Natura 2000 jetzt knüpfen. Marine Schutzgebiete sind einzubeziehen. Von besonderer Bedeutung ist
dabei, dass Politik und Gesellschaft Akzeptanz für das Netz Natura 2000 schaffen und die Betroffenen beteiligen.
2. Biologische Vielfalt durch naturverträgliche Landnutzung und Verringerung des Ressourcenverbrauchs
Der NABU will Naturschutz durch ökologisch verträgliche Naturnutzung. Für den Schutz der biologischen Vielfalt
unerlässlich ist deshalb die Entwicklung ökonomisch, ökologisch und sozial tragfähiger Zukunftskonzepte für die
Kulturlandschaften Europas. Der NABU orientiert sich dabei am Leitbild der Naturwirtschaft.
Naturwirtschaft ist eine Form des Wirtschaftens, die unter Berücksichtigung der Kostenwahrheit generationenverträglich,
sozial ausgleichend, umweltverträglich und der biologischen und kulturellen Vielfalt förderlich ist. Zu den
Zielen einer Naturwirtschaft zählen die Förderung naturverträglicher Formen der Land- und Forstwirtschaft wie
der ökologische Landbau, der Dauerwald, der Streuobstbau und extensive Weidesysteme. Feuchträume und "Senken"
in der Landschaft sind zu revitalisieren. Der Flächenverbrauch insbesondere im Umfeld der Städte und Dörfer
muss reduziert werden. Große unzerschnittene Räume sind zu erhalten. Die Stoffeinträge in die Landschaft
durch Emissionen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft müssen reduziert werden. Von besonderer Bedeutung
ist die kulturelle Entfaltung und Belebung der ländlichen Räume.
Zu den vordringlichen Zielen auf dem Wege zu der vom NABU geforderten Naturwirtschaft zählt, dass die
Chemie-Belastung der Landschaft gestoppt wird.
Neben den für jeden erkennbaren Verlusten an reich strukturierter Landschaft ist vor allem die großflächige
Stickstoffbelastung und der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln ein gravierendes Problem für Arten-
und Biotopvielfalt. Nährstoffarme Ökosysteme und die an sie gebundenen Arten haben heute kaum eine Überlebenschance.
Hinzu kommen die Boden- und Gewässerbelastungen bis hin zu den Waldschädigungen durch Stickstoffemissionen auch
und vor allem aus der Landwirtschaft. Der Einsatz von Pestiziden führt zu einer Belastung von Böden, Grundwasser
und Lebensmitteln.
Naturwirtschaft heißt auch, dass den in der Landnutzung tätigen Menschen ein angemessenes Einkommen möglich und
eine langfristige Erwerbs-Perspektive gegeben ist. Eine der wichtigsten Aufgaben ist deshalb die Reform der
Agrarpolitik in Europa. Der NABU unterstützt das Ziel, eine naturverträgliche Landwirtschaft in der Fläche in
Europa zu erhalten.
Eine zukunftsfähige Agrarpolitik, bei der das durchschnittliche Einkommen der Betriebe zu mehr als 50 Prozent
aus Steuermitteln kommt, muss aber eine natur-, umwelt- und sozialverträgliche Produktion garantieren, die ohne
Chemieeinsatz auskommt und zusätzliche Arbeitsplätze im ländlichen Raum schafft. Wir brauchen eine Entkopplung
der Subventionen von der Produktion.
Direkte Einkommensbeihilfen müssen verbindlich an die Einhaltung von nationalem und europäischem Umweltrecht
und ökologische Standards bei der Landbewirtschaftung geknüpft werden. Die gute fachliche Praxis reflektiert
bisher nur unzureichend die Belange des Umwelt- und Naturschutzes, die Fachgesetze müssen daher überarbeitet werden.
Die Honorierung ökologischer Leistungen im Rahmen der Agrarpolitik muss ausgebaut und die Agrarförderung gezielt
für umwelt- und naturverträgliche Produktionsweisen eingesetzt werden. Wer der Hilfe des Staates nicht bedarf,
soll auch keine Förderung aus Steuermitteln mehr erhalten.
Die Waldbewirtschaftung sollte sich nach Auffassung des NABU am Leitbild des Dauerwaldes orientieren. Dieser
zeichnet sich aus durch Chemiefreiheit, den Verzicht auf Kahlschläge und einen bodenschonenden Einsatz von
Tieren oder Maschinen. Naturverjüngung, ein hoher Totholzanteil sowie ausgewiesene Naturschutzbereiche sorgen
für biologische Vielfalt im Wald.
Der NABU hält Jagd und Fischerei für legitim. Sie können und sollen zu einem Bestandteil einer allgemein
naturverträglichen Landnutzung beitragen.
Zu einer ökologischen Landnutzung zählt auch, dass die Flächenversieglung gebremst und zum Teil rückgängig
gemacht wird. Die Bodenversieglung durch Verkehrswege, Städtebau und Industrieanlagen ist der folgenschwerste
Eingriff in die Naturgüter, weil damit nahezu alle Bodenfunktionen und nahezu alles Leben zerstört wird. Zwar
sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz dafür Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen. Diese werden aber in
mehr als der Hälfte der Fälle gar nicht umgesetzt oder die Eingriffe werden nur in ganz geringem Maße durch
ökologische Verbesserungen ausgeglichen. Eine transparente Dokumentation des Flächenverbrauchs und die Einrichtung
sogenannter Ökokontos ist deshalb erforderlich.
Der NABU wird sich dafür einsetzen, dass die Versieglung sehr stark abgebremst wird und dass Ersatzmaßnahmen
gefunden werden, die zur Erhaltung der Biodiversität wirklich messbar beitragen. Entscheidend dazu beitragen
kann eine ökologisch orientierte Siedlungspolitik, die zu weniger Versieglung, umweltfreundlich zu bewältigender
Mobilität und zu Ressourcenschonung führt. In der Siedlungspolitik wie im Hausbau sollen technische Maßnahmen
zum Sparen von Energie und Ressourcen und für den Naturschutz gefördert werden.
3. Für wirksamen Klimaschutz und eine ökologische Energie- und Verkehrspolitik
Eine der größten Herausforderungen für den Natur- und Umweltschutz der nächsten Jahre und Jahrzehnte ist die
sich immer stärker abzeichnende Klimaveränderung. Sie ist Ausdruck einer grundlegenden Fehlentwicklung, nämlich
eines um Größenordnungen zu hohen Energie- und Ressourcenverbrauchs in den Industrieländern.
Der NABU unterstützt deshalb das auch von der Bundesregierung formulierte Ziel, den Kohlendioxidausstoß - basierend
auf dem Bezugsjahr 1990 - bis zum Jahr 2005 um 25 Prozent zu verringern.
Zwar haben auch Entwicklungsländer einen wachsenden Anteil an der globalen Umweltgefährdung und können sich
künftig ihrer Verantwortung nicht entziehen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass beim Kohlendioxid der Pro-Kopf-Ausstoß
eines Bundesbürgers pro Jahr etwa elf Tonnen beträgt, während ein Bürger Indiens nicht einmal eine Tonne Kohlendioxid
pro Jahr verursacht. Weil wir sicher wissen, dass immer mehr Länder mit immer mehr Menschen einen größeren Wohlstand
anstreben, hat unser Wohlstandsmodell mit seinem hohen Ressourcenverbrauch und Schadstoffbelastungen global keine
Zukunft. Wirtschaft- und Wohlstandswachstum brauchen aus Gründen ökonomischer und ökologischer Gerechtigkeit
zunächst die Menschen, die an oder unter der Armutsgrenze leben.
Für uns dagegen gibt es keine Alternative dazu, unsere Wirtschaft so grundlegend zu verändern, dass wir bis zum
Jahr 2030 mit einem um mindestens 40 Prozent verringerten Energieverbrauch auskommen. Weil dies so weitreichende
Veränderungen erforderlich macht und weil wir dafür eine so grundlegende technische Effizienzrevolution wie auch
Veränderungen im Verbraucherverhalten benötigen, brauchen wir in den kommenden Jahren eine deutliche Umsteuerung.
Zu den ökologisch zukunftsfähigen Lösungen gibt es global gesehen nur schlechtere Alternativen. Deshalb sollten
Staaten und Unternehmen bereits heute auf einen umweltverträglichen Weg setzen und ihre Produktpalette, ihre
Produktion und ihre Logistik planvoll umstellen, damit sie zu den 'Gewinnern' einer nachhaltigen Entwicklung zählen.
Der NABU wird sich aktiv dafür einsetzen, dass die Bundesregierung und die Europäische Union ihr Klimaversprechen,
den Kohlendioxid-Ausstoß bis zum Jahr 2005 um 25 Prozent zu verringern, einlösen. Von diesem notwendigen und
tiefgreifenden Strukturwandel erwartet der NABU die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. Schon jetzt zeigt sich,
dass durch den Natur- und Umweltschutz in Deutschland Hunderttausende neuer Arbeitsplätze entstanden sind.
Neue Betätigungsfelder mit Exportchancen werden sich in Zukunft in allen Bereichen des produktintegrierten
Umweltschutzes auftun. Unter der Devise 'Arbeitsplätze durch Natur- und Umweltschutz' wird der NABU aufzeigen,
wie die Lösung der großen sozialen Fragen und der Umweltprobleme erfolgreich miteinander verknüpft werden können.
Die wichtigsten Handlungsfelder dabei werden sein:
- neue Arbeitsplätze durch Natur- und Umweltschutz: Neue Arbeitsplätze in naturverträglicher, regionaler
aber auch industrieller Produktion, Verwertung und Vermarktung können in den nächsten Jahren geschaffen werden,
wenn dafür die notwendigen Rahmenbedingungen gesetzt werden. Dazu zählen klare Zielvorgaben im Rahmen eines
Umweltplans ebenso wie die Fortführung der ökologischen Steuerreform und die Schaffung von Anreizen zum
Energie- und Ressourcensparen.
- eine umweltgerechte Energieversorgung: Eine ökologische Energiepolitik muss in allererster Linie
Energieeinsparpotentiale in Industrie, Verkehr und privaten Haushalten fördern und mobilisieren. Im Energiemix
müssen regenerative Energieträger (Wasser- und Windkraft, Photovoltaik, Biomasse) in Zukunft eine Hauptrolle
spielen. Ihr Einsatz muss jedoch dem Kriterium der Naturverträglichkeit gerecht werden. Der NABU hält es aus
ökologischen und gesundheitlichen Gründen für geboten, aus der Nutzung der Atomkraft so schnell wie möglich
auszusteigen.
- eine umweltverträgliche Verkehrspolitik: Um die Schäden an Umwelt und Natur zu verringern, muss Mobilität
weltweit verteuert werden. Entsprechende Preissignale tragen auch dazu bei, dass Mobilität ressourcenschonender
und umweltverträglicher wird. Um mehr Bürger zum Umsteigen auf umweltfreundliche Verkehrsträger zu bewegen,
bedarf es verbesserter Rahmenbedingungen. Dazu zählen ein leistungsfähiges, schienengebundenen Verkehrssystem
für den Personen- und Güterverkehr, einen flächendeckenden Öffentlichen Nahverkehrs, eine Reduzierung des
Flugverkehrs, die Verringerung des Individualverkehrs und die Förderung moderner Radwegesysteme. Neue
Technologien, die zu einem geringeren Treibstoff- und Ressourcenverbrauch führen, sollen gefördert werden,
damit individuelle Mobilität möglich und bezahlbar bleibt. Dies gilt insbesondere für Regionen mit schlechter
öffentlicher Verkehrsinfrastruktur. In der Raum- und Regionalplanung sind großflächige, verkehrsarme Räume als
vorrangige Schutzgüter festzuschreiben.
- eine ökologische Agrarpolitik: Im Bereich der Agrarpolitik müssen vor allem die klimarelevanten Emissionen
aus dem Bereich der Tierhaltung entscheidend verringert werden, aber auch Klimagefahren durch Überdüngung
und Gülleausbringung.
4. Umwelt und Gesundheit - Ökologie für Mensch und Natur
Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert Gesundheit als ein Zustand körperlichen, geistigen, seelischen
und sozialen Wohlbefindens. Dazu tragen Gesundheitswissen, Selbstwertgefühl, eine gute medizinische Versorgung,
aber auch eine intakte Umwelt entscheidend bei. Heute gehen 75 Prozent der Todesfälle auf schlechte
Umweltbedingungen und gesundheitsschädigende Lebensweisen zurück. Hunderte Millionen Menschen leiden an
Atemwegserkrankungen aufgrund von Luftschadstoffen. Allergien und Krebserkrankungen hängen mit Ernährung,
Wasserverschmutzung und Umweltchemikalien zusammen. Schadstoffe beeinträchtigen unsere Fortpflanzungsfähigkeit.
Deshalb müssen Umwelt-, Wirtschafts-, Energie- und Verkehrspolitik auf das Ziel "Schutz der Gesundheit" verpflichtet
werden. Dies ist auch eine Zielsetzung für den NABU, der sich für eine intakte Umwelt mit stabilem ökologischen
Gefüge, gesunde Lebensbedingungen, sauberes Wasser und gesunde Lebensmittel einsetzt. Prognosen halten Medizin
und Gesundheit für die bedeutendsten Innovationsfelder der Zukunft. Der NABU wird hierzu sein Fachwissen zum
Beispiel in den Bereichen Ökolandbau, Regionalvermarktung, Natur-, Biotop- und Artenschutz sowie Naturwissen
und -Erlebnis zu einem ganzheitlichen Gesundheitsverständnis einbringen.
5. Moderne und Moral - der Weg zur ökologischen Gerechtigkeit
Der NABU spricht sich für eine naturverträgliche Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik und für moderne,
vorwärtsgerichtete Strategien zur nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft aus.
Parallel zur Weiterentwicklung im wissenschaftlichen und technischen Bereich ist eine Weiterentwicklung von
Moral und Bewusstsein erforderlich. Nicht alles, was technisch machbar oder individuell möglich ist, ist moralisch
und umweltethisch vertretbar. Individuen, Nationen, Institutionen - sie alle müssen lernen, ihr Handeln daraufhin
zu überprüfen, ob es zu ökologischer Gerechtigkeit beiträgt oder nicht. Weiteres Wohlstands- und Wirtschaftswachstum
verlieren dann ihre Berechtigung, wenn sie eine Bedrohung der Natur, anderer Kulturen oder zukünftiger Generationen
darstellen.
Der NABU wird sich daher für innovative Entwicklungen einsetzen, gleichzeitig aber im Sinne einer freiwilligen
Beschränkung immer Machbares ablehnen, das aus Naturschutzsicht, sozialen oder ethischen Gründen unvertretbar
erscheint.
Ökologische Verträglichkeit ist eine Grundvoraussetzung für den Einsatz neuer Technologien. Diese sollten zum
Beispiel von der Gesellschaft - und nicht nur der Wirtschaft - vor ihrer Einführung auf ihre Chancen und Risiken
hin geprüft werden. Technologiefolgenabschätzung und Bürgerbeteiligung müssen integraler Bestandteil politischer
Entscheidungsprozesse werden.
Chancen für eine nachhaltige Entwicklung bietet die Kommunikationstechnik. Verbesserte Datenbanken, neue
Informationstechnologien und -möglichkeiten und der mittels Internet mögliche weltweite Erfahrungsaustausch
können zur Schaffung von globalem ökologischem Bewusstsein und Bürgerengagement beitragen.
Auch die Bio- und Gentechnologie birgt Chancen zu innovativen Produktionsmethoden. Nach Auffassung des NABU
sind die mit der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere verbundenen ökologischen Risiken
jedoch zu groß und nicht beherrschbar. Der NABU hält deshalb den Einsatz gentechnisch veränderter Kulturpflanzen
und Nutztiere für unverantwortlich. Dies gilt auch für die Aussetzung von Tier- und Pflanzenarten ohne
wissenschaftlich fundierte Kenntnis darüber, welche Auswirkungen dies auf Ökosysteme und Lebensräume hat.
In wohlhabenden Industrieländern des Nordens brauchen wir neue Konsummodelle. Jede und Jeder kann und sollte
seinen individuellen Beitrag dazu leisten, die Natur zu schützen und sparsam mit Ressourcen umzugehen. Dies
betrifft die Mobilität ebenso wie das Freizeit- oder Einkaufsverhalten. Als Konsument hat jede und jeder die
Möglichkeit beim täglichen Einkauf dafür zu sorgen, dass naturverträgliche Landwirtschaft, naturnaher Waldbau
oder umweltfreundliche Stromerzeugung ohne Atomenergie unterstützt werden.